Grunddaten

Lage

Thugga liegt im heutigen Tunesien (3), relativ abseits von Hauptverkehrsachsen, etwa 100 km westlich von Tunis, etwa 7 km von Teboursouk, der nächstgelegenen Kreishauptstadt mit knapp 10000 Einwohnern, entfernt auf dem Abhang eines Steilfelsens im Norden; dabei liegt das heute erhaltene Zentrum mit dem Forum und Capitol auf ca. 560 m Höhe, leicht nach Süden abfallend. Außerhalb dieses Stadtkerns liegen weitere bedeutende Gebäude, unregelmäßig um die Stadt verteilt, teilweise nördlich, fast an der Steilkante, teils auch im Osten und Süden.

Thugga ist Teil einer Städteanhäufung in dieser Gegend, zwischen der Bagradasebene und der vom Oued Khalled, dem nächstgrößeren Fluß, durchflossenen Senke, an der die Straße nach Karthago liegt. Nördlich davon liegt Vaga, das heutige Béja. Sie war schon unter karthagischer und numidischer Herrschaft Handelszentrum eines fruchtbaren Weizenanbaugebietes (4). Dafür spricht auch das Klima, das eine agrarische Bodennutzung begünstigt.

Doch sind über regionale und lokale Verbreitung der einzelnen Anbauprodukte in Nordafrika keine genauen Angaben zu machen, außer bei den Ölbaumkulturen; eine verdichtete Ölpressenrestansammlung und Pflanzlöcher römischer Ölbaumbestände können noch nachgewiesen werden. Außerdem wechselte der Anbauschwerpunkt von Weizen zur Versorgung Roms allmählich zur Herstellung von Olivenöl, die auch staatlich subventioniert wurde, mit Höhepunkt im 4. Jhdt (5). Die Getreidelieferungen nach Rom erfolgten allerdings weiterhin unentgeltlich und seit dem 2. Jhdt. verstärkt aus Numidien und Mauretanien (6).

Die Bezeichnung Nordafrika, die wir für das Gebiet der drei Staaten Tunesien, Algerien und Marokko zu verwenden pflegen, ist eigentlich ungenau. Die Araber verwenden deshalb auch die Bezeichnung Maghreb (7).

Topographie

Die Geologie begünstigt ebenfalls Siedlungsplätze und agrarische Nutzung. Denn es finden sich hauptsächlich durchlässige Kalke, die gute Wasserspeicher sind; eine gute Wasserqualität ist vorhanden (8). In der Tat finden sich um Thugga mehrere Quellen, eine östlich der Zisternen Aïn Mizeb, eine im Südwesten neben den Thermen von Aïn Doura. Letztere war wohl mit ein Faktor zur Gründung der Stadt.

Ende des 3. Jhdts ist die Siedlungsdichte, ländliche Siedlungen mit eingeschlossen, besonders hoch. Sie liegt bei mehr als 40 Siedlungen auf 100 km2. Ebenso liegt Thugga mitten in einem ausgedehnten Olivenanbaugebiet. Es erfolgte keine nachweisbare Centuriation, d.h. Landvermessung und -aufteilung im Schachbrettmuster, in größerer Dimension, wie es in östlicheren Landesteilen durchaus heute noch nachweisbar ist (9).

Obwohl Thugga nicht direkt an einer großen Straße liegt, ist es doch global gesehen ein Knotenpunkt im Verkehrssystem seiner Zeit. Es gibt mehrere sicher nachgewiesene Straßen: von Theveste (Tebessa) über Agbia nach Thignica (Aïn Tounga), aber auch nach Aunobari und Thubursicum Bure (Teboursouk). Wichtig war ebenso die Fernstraße von Karthago nach Theveste, die erst Anfang des 2. Jhdts. fertiggestellt wurde, und nach Thagaste (10).

Klima

Das Klima in der Gegend um Thugga ist heute wahrscheinlich nicht viel anders, als es zur Zeit der Antike war. Heute wird es mit mediterran-semihumid bezeichnet, d.h. es gibt fünf bis sechs humide Monate, insgesamt sind zwei Jahreszeiten humid, davon eine durchgehend, nämlich der Winter. Die Humidität ist stark ausgeprägt, d.h. es gibt im Landesvergleich immer überdurchschnittlich viel Niederschlag.

Die Temperaturen sind mediterran-wintertemperiert, liegen im Schnitt im Bereich von 3,0oC < m < 4,5oC, wobei m das mittlere Temperaturminimum des kältesten Monats ist (11).

Insgesamt liefert das Klima ausgewogen gute Bedingungen für erfolgreichen Getreide- und Olivenanbau, da die Wahrscheinlichkeit für Niederschlag prozentual höher ist als in den südlicheren Teilen näher der Wüste zu.

Literatur

In der antiken Literatur finden sich nicht allzu viele Stellen, an denen von Thugga die Rede ist oder sein könnte. Pape's Wörterbuch der griechischen Eigennamen (12) nennt einige wenige Schreibweisen und gibt Verweise auf ihr Vorkommen. Dabei ist Thugga die römische Schreibweise, die auch in Inschriften verwendet wurde. Die Autoren aber, die sich mit Afrika und seiner Geschichte oder Geographie beschäftigen, schreiben meist griechisch.

So ist von twkai bei Diodor von Sizilien (13) die Rede. Der von Archagathos (14), dem ältesten Sohn des Agathokles, der Tyrann von Syrakus war und 311 Krieg gegen Karthago begann, ins Inland geschickte Heerführer, Eumachos, nahm die Stadt ein.

Dio Cassius, Autor einer römischen Geschichte, erwähnt diese Stadt im Zusammenhang mit einem Traum, den der Verwalter der Provinz Numidien, Titus Sextius, in Erwartung eines Einfalls seines "Nachbar"-Verwalters hatte (15).

Claudius Ptolemäus (16), der Astronom und Geograph, hat gleich mehrere Orte namens Toukka (Tucca) im Repertoire. Allerdings sind diese eindeutig in seiner Geographia unterscheidbar, da er nach seinem geographischen System Gradeinteilungen mit angibt. So beschäftigt sich auch sein viertes Buch mit den Städten in Nordafrika, und dabei behandelt er im zweiten Kapitel die mauretanischen, im dritten Kapitel im 29. Abschnitt die numidischen. Und sein Tucca dort müßte identisch sein mit dem heutigen Thugga.

Viel später berichtet Procop (17) in seinem Werk peri ktismatwn (de aedificibus) auch über die Taten Justinians. Auch er schreibt wie Ptolemäus Toukka . So erwähnt er nebenbei, daß ebendort eine Festung gebaut wurde. Und in der Tat sind noch heute Reste einer byzantinischen Festung im Zentrum um Capitol und Forum zu sehen.

  Inhaltsverzeichnis  


Anmerkungen:

(3) Afrika-Kartenwerk, Karte Nordafrika N1 - Topographie. Siehe auch die Landkarte

(4) D. Hafemann, Historische Geographie - Nordafrika, Afrika-Kartenwerk Beiheft N15 (1981), 24

(5) Hafemann, a.O. 58

(6) G. Charles-Picard, Nordafrika und die Römer (1962) 57

(7) L. Carton, RTun 10, 1903, 66

(8) Afrika-Kartenwerk, Karte Nordafrika N6 - Geologie

(9) Afrika-Kartenwerk, Karte Nordafrika N15 - Historische Geographie. Diese Karte versucht, den römischen Einfluß Ende des 3. Jhdts. in Tunesien und Nordafrika kartographisch festzuhalten, insoweit das heute möglich ist aufgrund der erfolgten archäologischen Forschung.

(10) L. Carton, RTun 11, 1904, 336. Er gibt dort ein Beispiel für eine Meilensteininschrift, die etwa zeitgleich mit denen dieser Heerstraße ist.

(11) Afrika-Kartenwerk, Karte Nordafrika N5 - Klima

(12) W. Pape, Wörterbuch der griechischen Eigennamen (18843), 1543, 1572

(13) Diodor v. Sizilien, XX 57:

houtos gar twkas polin  eumegethae cheirwsamenos pollous  prosaegageto twn plaesion katoikountwn  Nomadwn

"Dieser nämlich brachte viele der nahe siedelnden Numider auf seine Seite, nachdem er die ansehnlich große Stadt Tokai eingenommen hatte." Diodor vollendete seine Schriften etwa 54 v. Chr. Vgl. dazu RE V (1905) 663 s.v. Diodorus (Schwartz)

(14) RE II (1905) 432 s.v. Archagathos (Niese)

(15) Dio Cassius, 48, 21

(16) Cl. Ptolemäus, geographikae huphaegaesis , IV 3 29:

Toukka  29o30' 31o20'

Die Entstehungszeit ist wahrscheinlich Mitte des 2. Jhdts. Über das Werk ausführlich RE Suppl. X (1965) 680 s.v. Ptolemaios (v.d. Warden)

(17) Procop, de aedif. VI 5:

phrourion de wkodomaesato  en tautae tae chwra ho Toukka kalousin

"Eine Festung baute er an jenem Ort, die sie Tucca nennen." Das Werk dürfte in den Jahren um 560 entstanden sein.


Landkarte:

Karte Numidiens und Africa Proconsularis

Abb. 1: Karte Numidiens und Africa Proconsularis

Zurück zum Text